Jean-Paul Vaugoin mit einem Mitarbeiter in seiner Werkstatt

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Handgemacht in Wien

Wie durch ein Wurmloch schlüpft man beim Betreten des Geschäfts in der Zieglergasse 24 in eine andere Zeit und findet sich in dem antiquierten Schauraum der traditionsreichen Silberschmiede Jarosinski & Vaugoin wieder. Jean-Paul Vaugoin, Erbe in sechster Generation, ist eine distinguierte Erscheinung und empfängt die Kunden mit perfekten Manieren. Stolz holt er ein üppig verziertes Tafelbesteck der Barockzeit aus der Vitrine, macht Scherze über einen Hendlhaxen-Halter und erzählt die Geschichte, warum seine Vorfahren Repliken der berühmten Saliera von Benvenuto Cellini anfertigen durften (es war für einen Staatsbesuch der jungen Queen Elizabeth II. in Wien). Wohin man auch schaut, alles glänzt.

Jean-Paul Vaugoin erzählt über die Geschichte der Saliera von der Silberschmiede Jarosinski & Vaugoin

Handmade in Vienna

Jean-Paul Vaugoin lässt auch in die Werkstatt im Hinterhof des Biedermeier-Hauses blicken. In der Wiener Manufaktur sieht es aus wie vor 100 Jahren. Die Silberschmiede sitzen an ihren speckigen Arbeitstischen aus Holz. Sie hämmern, feilen und schleifen das Silber und polieren es auf, alles in Handarbeit. Der Geruch von Metall und Polierpaste liegt in der Luft. Chemische Flüssigkeiten für die Galvanisierung brodeln in großen Wannen. Zahlreiche Arbeitsschritte später findet so manche Silberware sogar ihren Weg bis in die entferntesten Königshäuser Arabiens und Malaysias. Und auch ganz moderne Designs entstehen hier.

Besonders edle Stücke der 1847 gegründeten Silbermanufaktur stellt Vaugoin im hauseigenen Museum aus. Wie sehr Wien schon immer eine Stadt der Zuwanderung war, zeigt auch das Unternehmen: Die Familie Vaugoin kam mit Napoleon nach Wien und ist geblieben, Yakup Kurter – der Silbermeister des Betriebs – ist vor 35 Jahren aus Syrien eingewandert.

Ein revolutionärer Glasbläser

Das Studio Comploj bietet ein optisches Kontrastprogramm. Die Glashütte von Glasbläser Robert Comploj präsentiert sich als moderne Galerie, die zugleich ein Shop ist. Die ausgestellten Vasen, Schalen und Kugeln überraschen mit ungewöhnlichen Farben und außergewöhnlichen Strukturen. Und noch größer ist die Überraschung, wenn Robert Comploj um die Ecke biegt. Hipster-Brille, schwarzes T-Shirt und zerzauste Haare, so stellt man sich normalerweise keinen Glasbläser vor. Der sympathische Glasmacher stellt in seiner Manufaktur im 18. Bezirk die Glaswaren selbst her. Robert Comploj hat bei den Glasmeistern in Murano gelernt und kombiniert die alte venezianische Technik nun mit seinen eigenen, innovativen Methoden.

In der Schauwerkstatt ist es heiß, denn die Öfen brennen unaufhörlich. Hier ist Comploj in seinem Element: Feinfühlig formt und bläst er das Glas, obwohl er seinen Zugang zu Glas selber als „punkig“ bezeichnet. Er formt das Glas auch gerne mit der Hand und riskiert die eine oder andere Verbrennung.

Edle Schuhe nach Maß

Die Werkstatt des ehemaligen k. u. k. Hofschuhmachers Scheer ist dagegen von Stille durchzogen. Mit höchster Konzentration sitzen die Schuhmacher über ihrer Arbeit, auf Schusterschemeln an niedrigen Arbeitstischen. Unter ihnen Markus Scheer, der die über 200 Jahre alte Manufaktur in siebter Generation führt. Sein Markenzeichen ist ein Orthopädiekittel, den er beim Arbeiten trägt. Ein Hinweis auf seine Ausbildung als orthopädischer Schuhmachermeister und Symbol dafür, wie wichtig ihm die richtige Passform von Schuhen ist.

Vom ersten Maßnehmen bis zum fertigen Schuh dauert es bei Scheer ein halbes Jahr. Für ein Paar handgemachter Maßschuhe sind rund 60 Arbeitsstunden nötig. Die Werkstatt befindet sich über dem traditionsreichen Geschäft, hier wurden schon Schuhe für Kaiser Franz Joseph angefertigt. Dessen Leisten sind ebenso wie zahlreiche historische Schuhmodelle im Erdgeschoß ausgestellt. Ursprünglich ein reiner Schuhmacher produziert Scheer nun auch Taschen, Gürtel und Koffer. Das exklusive Geschäft atmet Geschichte, ohne altmodisch zu sein. Und der feine Duft von Leder liegt überall in der Luft …

Modernes Lampendesign

Designer Garth Roberts stöbert gerne in den Archiven des Wiener Traditionsbetriebes J. T. Kalmar, dessen Lampen auf der ganzen Welt heiß begehrt sind. Vor allem die Originale aus der Zeit des österreichischen Werkbundes stehen bei Auktionen und in Vintage-Geschäften hoch im Kurs, denn ihre Formen entsprechen der Designkultur des 21. Jahrhunderts. Auch Garth Roberts ist von den Werkbund-Entwürfen fasziniert. Er erweckt den österreichischen Modernismus zu neuem Leben und bringt als Kreativchef der Marke Kalmar Werkstätten eine Neuinterpretation von Werkbund-Entwürfen heraus. Die Ergebnisse sprechen eine zeitgemäße Designsprache: Sie sind minimalistisch, funktionell und aus hochwertigen Materialien. Charakteristisch für Kalmar sind die filigranen Standfüße der Modelle Fliegenbein und Hase.

Außenansicht eines Geschäfts
© Zur Schwäbischen Jungfrau

Edle Wäsche nach Maß

Exklusive maßgeschneiderte Tisch-, Bett- und Frotteewäsche führt das Geschäft Zur Schwäbischen Jungfrau. Der Wiener Traditionsbetrieb wurde 1720 von einem Leinwandhändler aus Schwaben gegründet und war später ein bedeutender k. u. k. Hoflieferant. Heute führen Hanni Vanicek und ihr Neffe Theodor Vanicek das Unternehmen. Im eigenen Atelier im 8. Bezirk werden hochwertige Maßanfertigungen, Monogramme und Stickereien hergestellt. Königshäuser aus aller Welt zählen zu den Kunden, der König von Malaysia schaute bei einem Staatsbesuch sogar höchstpersönlich bei der Schwäbischen Jungfrau am Graben vorbei.

Text: Susanne Kapeller

Jarosinski & Vaugoin

Zieglergasse 24
1070 Wien

Studio Comploj

Martinstraße 28
1180 Wien

Scheer

Bräunerstraße 4
1010 Wien

Zur Schwäbischen Jungfrau

Graben 26
1010 Wien
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