Ai Weiwei und die Suche nach der Menschlichkeit
Fahrräder, Briefkästen, Schuhe, Geigen, tausende Sonnenblumenkerne und ein Laufband - Objekte aus dem bereits vier Jahrzehnte andauernden künstlerischen Werk von Ai Weiwei. Sie alle repräsentieren Themen, die dem unermüdlichen Aktivisten und Kritiker autoritärer Systeme am Herzen liegen. In Form von zahlreichen Installationen sind sie in der neuen Ausstellung "Ai Weiwei. In Search of Humanity" in der Albertina modern zu sehen.
Das Museum im Künstlerhaus widmet dem chinesischen Konzeptionskünstler im Frühjahr 2022 seine bisher umfangreichste Retrospektive. Zahlreiche Readymades, Wandarbeiten, Skulpturen, Fotografien und Filme geben einen Überblick über sein Werk. Ai Weiwei gilt als einer der bedeutendsten Künstler unserer Zeit, der immer dort genauer hinschaut, wo er Meinungsfreiheit und Menschenrechte in Gefahr sieht.
Der 1957 in Peking geborene Ai Weiwei kommt als junger Mann im New Yorker East Village mit Protestbewegungen in Kontakt. Davon geprägt entstehen erste Arbeiten. Als er nach China zu seinem sterbenden Vater zurückkehrt, erlebt er die unmittelbaren Nachwehen des Massakers am Platz des Himmlischen Friedens.
Im Laufe der Jahre wurde der ausgestreckte Mittelfinger, den er bekannten Bauwerken entgegenhält, zu seinem Markenzeichen. Sein Ärger richtet sich nie an Menschen, sondern stellt Machtverhältnisse in Frage. Zahlreiche dieser Fotografien sind Teil der Ausstellung. Genauso wie unzählige aus Lego-Bausteinen zusammengesetzte Bilder.
Tiefe Emotionen
Und dann gibt es Ausstellungsstücke, die niemanden kalt lassen. Jene Zelle zählt dazu, in der Ai Weiei für 81 Tage inhaftiert und stets von Kameras und Wachleuten umgeben war. Später hat er sie aus seinem Gedächtnis heraus rekonstruiert. Eine endlos erscheinende Liste auf mehreren Wandtafeln führt die Namen jener Kinder auf, die beim Erdbeben von Sichuan 2008 ums Leben kamen. Tausende kamen zu Tode, als ihre Schulen, die Baumängel aufwiesen, über ihnen zusammenbrachen.
Aber auch aktuelle Themen finden sich in der Ausstellung wieder. Ai Weiwei, der mittlerweile im Exil in Portugal lebt, lenkt mit seinen Arbeiten den Blick auf die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer oder den Ausbruch des Corona-Virus in Wuhan. Sein Drang scheint ungebrochen.
Ai Weiwei. In Search of Humanity
16.3.-4.9.2022