Fermentieren im Fokus
Fermentieren in Wien: Tradition trifft Trend
Das Fermentieren ist eine jahrtausendealte Technik, Lebensmittel haltbar zu machen. Fermentierte Speisen gehörten früher selbstverständlich zum Alltag. Salzgurken beispielsweise wurden schon zu Kaisers Zeiten gegessen und im Wiener Prater bis in die 1980er Jahre sogar als Snack direkt auf die Hand verkauft. Heute findet man sie nur mehr an gut sortierten Würstelständen, neben ihren Artverwandten, den Essiggurken. Salzgurken werden ähnlich wie Sauerkraut lakto-fermentiert, also milchsauer vergoren, und nicht mittels Essig haltbar gemacht.
Aber das Fermentieren ist keineswegs ausgestorben, es kommt in Form von Miso, Kimchi und Kombucha zurück. Für Alexandra Liberda ist es ein Handwerk. Eines, das mit jeder Wiederholung reift und wächst. Wie ein guter Sauerteig oder Edelschimmel, die Geduld verlangen. 2020 eröffnete sie Augora Fermente im 6. Bezirk und hat mittlerweile sechs Mitarbeiter:innen. Offiziell. Inoffiziell beschäftigt sie Abermillionen von Mikroorganismen. Ein stilles Team von Bakterien, Hefen und Enzymen. Ihre Mission? Fermentation.
Ihr Credo: Nachhaltigkeit als logische Konsequenz. Im Augora wird nichts einfach „wegg’haut“. Da wird verarbeitet, aufgewertet, vergoren und experimentiert. Durch Fermentation werden Lebensmittel nämlich haltbar. Als Unternehmerin steht für sie die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Aus einem Überschuss an Mungobohnen und grünem Pfeffer wird etwa ein pfeffrig-scharfes Miso. Das kann als Delikatesse im Laden verkauft oder im Restaurant serviert werden. Aus sonst nicht verwendetem rohem Fischrogen vom heimischen Hecht wird eine Süßwasser-Bottarga – salzig, golden, fischig und einzigartig, denn eigentlich ist das eine Spezialität aus Sardinien, gewonnen aus Meeresfisch. Hecht-Bottarga schmeckt trotzdem wie ein Schluck Meerwasser direkt aus der Muschel und passt perfekt zu Pasta.
Sauerkraut und Kimchi-Kurse
„Fermentation erfordert viel Geduld. Menschen müssen sich Zeit nehmen und sich mit den Lebensmitteln auseinandersetzen. Und alle, die das nicht tun wollen, können gerne zu uns kommen“, lacht Alexandra. Regelmäßig werden Kurse angeboten. Sonntags, wenn der Laden zu ist, beginnt der Austausch: über Bitternoten, Umami und über den Moment, in dem aus einem „Was-mach'-ma-damit“-Gemüse eine Spezialität wird. Fermentieren ist ein Handwerk, in dem man durchs Üben besser wird. Das Gefühl dafür gibt Alexandra ihren Kursteilnehmer:innen weiter. Aber Rezepte gibt es keine, denn: „Morgen schmeckt’s sowieso wieder anders.“
Restaurant-Adressen für Fermente-Fans:
- Augora Fermente ist der Place-to-be für Fermentation: Mit Online-Shop, Restaurant mit wöchentlicher Mittagskarte und abendlichem Pop-Up, Greißlerei im Lokal und regelmäßigen Kursen rund ums Fermentieren.
- Stumpergasse 1A, 1060 Wien
- https://www.augora.at
Öffnungszeiten
- Di - Fr, 10:30 - 19:00
- Sa, 10:30 - 17:00
- Ein Blick in die Cucina Alchimia im 13. Bezirk zeigt, dass Fermentation ein fixer Bestandteil von Fine Dining sein kann. Hausgemachte Misobutter, eingelegtes Gemüse, Yuzu-Sauerkraut, schwarze Knoblauchmayo, Kombucha-Schalotten und gebeizter Rauchdotter zum Austernpilztatar. Fermentiert wird im hauseigenen Labor – einem Gewölbekeller mit perfekten Bedingungen für Expertimente.
- Firmiangasse 2, 1130 Wien
- https://www.cucina-alchimia.org/
Öffnungszeiten
- Mi - Fr, 17:00 - 23:00
- Sa, 11:30 - 23:00
- Im Bruder im 6. Bezirk wird auf hohem Niveau experimentiert. Hier gibt’s Cocktails mit selbstangesetzten Essenzen.
- Windmühlgasse 20, 1060 Wien
- https://bruder.xyz/
Öffnungszeiten
- Mi - Sa, 17:00 - 01:00
- Das blvb ist ein Fixpunkt auf dem Brunnenmarkt für alle, die Eingelegtes, Gesäuertes und Überraschendes lieben.
- Weyprechtgasse 12/1, 1160 Wien
- https://www.blvb.at
Öffnungszeiten
- Mi - Fr, 12:00 - 19:00
- Sa, 08:00 - 14:00