Mehrere Personen essen im Gasthaus Zum Roten Bären

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Beisl-Revolution

Das Beisl gehört zu Wien wie das Kaffeehaus und der Heurige. Im Beisl ist die bodenständige Wiener Küche zuhause – unverfälscht und ohne große Allüren. Hier lebt die Wiener Küche in ihrer ganzen Bandbreite. Natürlich gibt es auch ein Wiener Schnitzel im Beisl, aber die Wiener Küche hat viel mehr zu bieten. Ein klassisches Beisl hat eine geräumige Schank, wo Wein gekühlt und Bier gezapft wird, eine Holzvertäfelung, einfache Tische und Sessel und ein gemischtes Publikum. In der Küche herrscht Tradition, auch Gerichte mit Innereien stehen im Beisl häufig auf der Speisekarte. 

Und neuerdings gibt es in der Stadt auch einige überraschende Beisl-Konzepte. So zeigt Wien kulinarisch seine moderne Seite. Alte Gaststätten werden von jungen Betreiber:innen übernommen, sensibel renoviert und mit frischem Wind neu betrieben. Was bleibt, ist das authentische Beisl-Ambiente. Auch wenn das Essen vielleicht etwas anders ist. 

Vegetarisch im Beisl

Die größte Überraschung, die ein Wiener Beisl bieten kann, ist eine vegetarische Küche. Und genau das macht Till Wörner in seinem Beisl namens Rosi, benannt nach seiner Großmutter. Im Beisl gibt es normalerweise die fleischlastigen Gerichte der Wiener Küche. Und so manche Tourist:innen sind etwas erstaunt, wenn sie nach dem Besuch im nahe gelegenen Schloss Schönbrunn bei Rosi einkehrt. Wie Chefkoch Wörner dazu kam, ein Beisl mit vegetarischer Küche zu betreiben? „Zur Zeit der Lokalidee war meine Freundin vegan“, erzählt er: „In Österreich gibt es auch tolles Gemüse und wir wollen zeigen, was man damit kochen kann. Aus küchentechnischer Sicht ist es spannend, mit Gemüse zu kochen.“ Die Gerichte kommen in Kleinportionen auf den Tisch und sind von der Saison inspiriert. „Wir haben auch viele Ideen zur Konservierung. Aus dem Sortiment aus dem Keller schöpfen wir dann beim Kochen“, erklärt Wörner seine Küchenlinie. Der frühere Steirereck-Koch hat von dort viel Produktkenntnis mitgenommen. Aber die Maultaschen wie bei Oma mussten trotzdem als einziges Fleischgericht auf die Karte. Die umfangreiche Getränkekarte bietet viel Naturweine, Alkoholfreies und Selbstgemachtes. Wie ein modernes Beisl aussehen kann, zeigt Rosi ebenfalls: Die Holzvertäfelung wurde weiß gestrichen. Die alte Schank der Marke Bretschneider ist auch hier ein typischer Beisl-Blickfang. 

Innereien, Wild & Wein

Kulinarischer Kontrapunkt ist das Gasthaus Stern. Im Außenbezirk Simmering gelegen, wird hier feine Wiener Küche mit Fokus auf Innereien und Wild serviert. Womit man sich in ganz Wien einen Namen gemacht hat. Patron Christian Werner führt den Betrieb seit 18 Jahren und hat sich den Ruf über die Jahre aufgebaut. Ein Großteil der Gäste kommt extra wegen der Küche in die Gegend. Werner: „Das Stern steht für Innereien, Wild und Wein. Wir sind ein Treffpunkt für Feinschmecker:innen, die vor allem Innereiengerichte zu schätzen wissen.“ 

Auf der Speisekarte stehen Gerichte wie Alpencalamari Fritti, die eigentlich Kalbskutteln sind, oder steirische Jakobsmuscheln, in Wahrheit gebackene Stierhoden. Kalbsbries, Kalbsfußsulz, Riesling-Beuschel, Rehbock-Tascherl, Fasanbrust und Wiener Schnecken sind nur ein paar weitere Beispiele für die Spezialitäten. Und selbst der Leberknödel in der Suppe schmeckt hier so herrlich fluffig, wie man ihn selten bekommt. Ist ja auch ein Rezept von der Mama. Wie kam die Spezialisierung auf die Innereien? „Durch den früheren Betrieb der Eltern, der sich in der Nähe der Fleischhalle in St. Marx befunden hat. Dort gab es schon Innereienküche. Außerdem ist es sehr wienerisch mit Innereien zu kochen. Mit dem Stern habe ich hier eine Nische entdeckt“, erzählt Christian Werner. Und Innereienküche ist mit dem Gedanken, alles vom Tier vom Kopf bis zum Schwanz (Nose-to-tail) zu verwerten, zusätzlich ein sehr nachhaltiges Thema. 

Kunst im Beisl 

Auch Zum Roten Bären ist kein klassisches Beisl, wie ein Blick auf die Karte vielleicht vermuten lässt. Der Rote Bär ist ein bisschen verrückt, wild und skurril, was das Beisl umso liebenswerter macht. 2013 wurde der Rote Bär von drei Freunden gegründet. Einer von ihnen – Johannes Bodingbauer – steht heute noch in der Küche. Worauf Bodingbauer beim Kochen Wert legt: „Das Handwerk ist mir wichtig. Und regionale Produkte. Wir haben zwei Bauern als Hauptlieferanten, die wirklich gute Produkte haben, und Fleisch von Höllerschmid.“ Und das schmeckt man. Die Gerichte der Abendkarte, die alle zwei Wochen wechselt, sind pures Soul Food. Auf der Klassikkarte sind Schnitzel, Cordon Bleu und Gerichte aus Austernpilzen der Wiener Schwammerlzucht Hut & Stiel die Dauerbrenner. „Wir haben auch viel probiert, um die besten Brösel für das Schnitzel zu finden“, erzählt der Chefkoch. 

Die Farbe Rot im Namen spiegelt sich auch im Interieur des roten Salons wider. Die verrückte Geschichte des Restaurants ist mit Collagen auf einer Wand festgehalten – und überall ist Kunst an den Wänden, die Fotografin Rita Nowak ist hier ebenso vertreten wie ein Bild des Künstlerkollektivs Gelitin. Bodingbauer sinniert: „Kunst und Bilder SIND der Rote Bär.“ Im Roten Bären hat man viel Spaß, dazu darf auch die Musik etwas lauter sein. 

Sterneküche 

Und in Wien gibt es sogar Sterneküche im Beisl-Ambiente. Man könnte Pramerl & the Wolf für ein einfaches Beisl halten. Die Gäste sitzen hier in einer gemütlichen Atmosphäre mit alter Holzschank und holzvertäfelten Wänden, es gibt nur wenige Tische. Quereinsteiger Wolfgang Zankl-Sertl, der früher Unternehmensberater war, serviert im Pramerl & the Wolf eine moderne Küche, die mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist. Auch so kann man die Wiener Sterneküche entdecken – zwanglos und mit Understatement. Das Besteck nehmen die Gäste selbst aus der Schublade, Karte gibt es keine – der Chefkoch fragt zu Beginn, ob es Unverträglichkeiten gibt, ob man kein Fleisch isst oder etwas nicht mag. Seine Gerichte zitieren immer wieder die Wiener Küche, etwa wenn der so genannte kleine Krapfen – oder je nach Sichtweise die große Backerbse – serviert wird. 

Noch mehr Beisl-Tipps 

Im Schnelldurchlauf präsentieren wir noch ein paar besondere, überraschende Beisl-Konzepte in Wien, die einen Besuch wert sind: 

Simon Schubert und Julian Lechner holen im Reznicek die Wiener Küche in die Gegenwart und servieren sie auf internationalem Niveau. Das Cordon Bleu von Chefkoch Julian Lechner ist stadtbekannt, auch hier sind die Innereien ein Tipp ebenso wie die Weine unter der Ägide von Simon Schubert. 

Im Gasthaus Jagetsberger in der Märzstraße sieht es aus wie früher, die Küche bringt Zeitgemäßes aus der Wiener Küche auf den Tisch. Erstaunlich wie Kohlrabitascherl oder Kalbsherz serviert werden können. Hier wird auf jeden Fall großartig gekocht. Ebenfalls ein gutes Beispiel für ein etwas anderes Beisl. 

Die Liebe zur Wiener Küche ist auch im 575 Sagmeister deutlich zu spüren. Sowohl das Ambiente als auch die Gerichte haben einen besonderen Twist. Auf Regionalität wird großen Wert gelegt, daher auch der Name: Österreich ist 575 km breit, die Produkte sollen nicht von weiter herkommen. Vieles stammt sogar aus Wien, wie etwa der Wiener Wels aus der Fischzucht blün. Ein Tipp: das Tatar mal anders – aus Pilzen, Wurzelgemüse und roter Rübe. Die ursprüngliche Gasthaus-Einrichtung wurde mit vielen bunten Elementen aufgefrischt, im Service regiert der Wiener Schmäh. 

Auch das Brösl im Stuwerviertel könnte man für ein klassisches Beisl halten, aber der Schein trügt. Im Brösl kommt keine Wiener Küche auf den Tisch, der Fokus liegt auf Gemüseküche. Es gibt zwar auch Fisch und Fleisch, die spielen aber eine Nebenrolle. Die Karte ändert sich täglich, weil die Produkte von kleinen Produzent:innen kommen. Gekocht wird, was verfügbar ist. Der Küchenstil selbst hat einen mediterranen Einschlag. Die entstaubte Beisl-Einrichtung ist im Brösl besonders gut erhalten. 

Spannend auch, wenn die Küchenstile anderer Länder ins Beisl einziehen. Wie etwa im Restaurant Léontine, wo großartige französische Küche serviert wird. Oder bei Rosebar Centrala, wo ein fantastisches kulinarisches Konzept mit Einflüssen der osteuropäischen Küche zuhause ist. Hier haben Aleksandra Swarc und Nadim Amin nach Aufenthalten in London ihren Traum vom eigenen Lokal verwirklicht. 

Noch mehr Tipps für Beisl und Gasthäuser in Wien liefert ein Guide in unserer App ivie. 

Rosi

Öffnungszeiten
  • Mi, 17:30 - 23:00
  • Do, 11:30 - 23:00
  • Fr - Sa, 09:00 - 23:00

Gasthaus Stern

Öffnungszeiten
  • Mi - Fr, 17:30 - 23:00
  • Sa, 11:00 - 23:00
  • So, 11:00 - 16:00

Zum Roten Bären

Öffnungszeiten
  • Mo - Fr, 17:00 - 00:00
  • Sa - So, 11:00 - 00:00

Pramerl & the Wolf

Öffnungszeiten
  • Mi - Do, 19:00 - 00:00
  • Fr - Sa, 18:00 - 00:00

Reznicek

Öffnungszeiten
  • Di - Sa, 17:00 - 01:00

Gasthaus Jagetsberger

Öffnungszeiten
  • Di - Fr, 17:30 - 23:00

575 Sagmeister

Öffnungszeiten
  • Di - Sa, 16:00 - 00:00

brösl

Öffnungszeiten
  • Mo - Sa, 17:00 - 23:00

Léontine

Öffnungszeiten
  • Di - Sa, 11:30 - 15:00
  • Do - Sa, 18:30 - 00:00

Rosebar Centrala

Öffnungszeiten
  • Mi - Sa, 15:00 - 18:00

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